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Typische Prüfungsfragen beim Heilpraktiker für Psychotherapie. Welche Antworten erwartet der Amtsarzt im mündlichen Teil?

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Ufrap-Redaktion

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6. Dezember 2023

Die schriftliche Überprüfung liegt nun hinter Ihnen. Der mündliche Prüfungsteil vor den jeweiligen Amtsärzten der Gesundheitsämter steht ins Haus. 

Während es über die schriftliche Prüfung der vergangenen Jahre mehr als genug Informationen gibt, stellen sich nun andere Fragen und weitergehende Herausforderungen kommen auf Sie zu.

Was mögen die Fragen des Amtsarztes in der mündlichen Überprüfung sein? Habe ich genug Selbstvertrauen und bin ich der Situation gewachsen? Was ist, wenn ich nicht weiterkomme, wird mir dann geholfen? Stellt man mir gar Fangfragen in dieser Prüfungssituation?

Wir geben aus unserer Erfahrung heraus Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Heilpraktiker für Psychotherapie und die mündliche Prüfung. Was sind typische Prüfungsfragen und mögliche Antworten.

In der mündlichen Beurteilung als Teil der Heilpraktikerprüfung für den Bereich Psychotherapie geht es natürlich zuerst einmal um Fachwissen.

Die abgefragten Informationen sind allerdings nicht einheitlich geregelt, sondern hängen von den Ansprüchen des jeweiligen Amtsarztes ab. Der hat sorgfältig zu bestimmen, ob sie eigenständig zur Ausübung der Heilkunde (beschränkt auf die Psychotherapie) geeignet erscheinen. 

Typische Fragen des Amtsarztes und der Beisitzer könnten zum Beispiel sein:

Was ist eine Depression?

Eine Depression ist eine affektive Psychose und kann als endogene Depression oder als endogene Manie auftreten. Sie tritt phasenhaft auf, d.h. zeitlich abgrenzbar (episodisch) innerhalb einer vorher und nachher normalen, affektiven Verfassung und gewöhnlich mehrfach während des Lebens. Im triadischen System gehört sie zu den endogenen Psychosen.

Die Symptomatik der endogenen Depression ist in gewisser Weise ein Spiegelbild der endogenen Manie:

Endogene DepressionEndogene Manie
Depressive VerstimmungManische Verstimmung
Gehemmtes Denken„Erregtes Denken“, Ideenflucht
Psychomotorische HemmungPsychomotorische Erregung
Negative VitalgefühleGehobene Vitalgefühle
Depressive WahnideenManische Größenideen

Was ist eine psychosomatische Erkrankung?

Unter psychosomatischen Erkrankungen versteht man Organstörungen mit nachweisbarem organischen Befund, auf deren Entstehung und/ oder Verlauf psychische Faktoren einen wesentlichen Einfluss haben.

Die „holy seven“ der psychosomatischen Erkrankungen sind: Ulcus duodeni, Colitis ulcerosa, (essentielle) Hypertonie, rheumatoide Arthritis, Migräne, Neurodermitis und Asthma bronchiale. 

Was ist eine Neurose?

Aus psychodynamischer Entwicklung entsteht eine Neurose aus einer Störung der kindlichen Entwicklung (ohne nachweisbaren organischen Befund), und zwar aus einer inadäquaten, kompromisshaften Verarbeitung von Konflikten (z. B. Nähe-Distanzkonflikt).

Ein neurotisches Symptom bricht aus, wenn ein kindlicher Konflikt aktualisiert und weiterhin verdrängt wird. Beispiele für eine neurotische Entwicklung sind Zwangssymptome und Phobien.

Wie würden Sie sich einem suizidgefährdeten Patienten gegenüber verhalten?

Auch schon bei der Vermutung einer Suizidabsicht das Thema auf jeden Fall direkt ansprechen, da dies zu einer psychischen Entlastung des Patienten führt. Bei akuter Selbstmordgefährdung muss juristisch gesehen das Ordnungsamt bzw. am Wochenende die Polizei informiert werden.

Eher gegen einen Suizidabsicht sprechen konkrete Bemerkungen und Wertschätzungen über die eigene Person oder über das eigene Umfeld wie z. B. „Ich werde es nicht tun wegen meiner Familie“ oder „Meine Familie (, Kinder, Eltern oder auch z. B. das Haustier) braucht/ brauchen mich doch“.

Risikogruppen sind depressive und schizophrene Patienten, ältere und vereinsamte Menschen, Alkohol, Drogen- und Medikamentenabhängige, Patienten mit schweren organischen Erkrankungen, alleinlebende Personen, Studenten, Patienten mit früheren Suizidversuchen und Patienten, die Ihren Suizid angekündigt haben.      

Was charakterisiert eine Sucht?

Sucht ist charakterisiert durch zwanghafte Giftapplikation, erhebliche Dosissteigerung, psychische und physische Abhängigkeit sowie Entzugserscheinungen.  

Was ist eine organische Psychose?

Als organische Psychose bezeichnet man psychische Störungen, die in Folge einer direkten oder indirekten Schädigung des Gehirns bzw. einer Funktionsstörung auftreten, d.h. durch organische Krankheitsprozesse bedingt sind.

Was ist eine Schizophrenie?

Eine Schizophrenie gehört im triadischen System zu den endogenen Psychosen. Im Vordergrund stehen nach Kurt Schneider im Gegensatz zu den affektiven Psychosens sogenannte abnorme Erlebnisweisen. d.h. Störungen, die das Empfinden und Wahrnehmen, Vorstellen und Denken, Fühlen und Werten, Streben und Wollen sowie das Ich-Erlebnis betreffen.

Auch Schizophrenien verlaufen wie affektive Psychosen in Phasen und Schüben und stellen eine der häufigsten Psychoseformen dar.

Eine Gliederung der zahlreichen und vielgestaltigen Symptome wurde von E. Bleuler (Grund- und Begleitsymptome) und K. Schneider (Symptome ersten und zweiten Ranges) vorgenommen.

Was ist ein Wahn und was charakterisiert diesen?  

Ein Wahn ist eine inhaltliche Denkstörung und ist durch subjektive Gewissheit, Unkorrigierbarkeit krankhaften Ich-Bezug und Unverstehbarkeit gekennzeichnet. Wahn tritt häufig bei Schizophrenie und Depressionen, aber auch bei organischen Psychosen auf.

Beispiele sind Verfolgungswahn, Vergiftungswahn, Größenwahn, Eifersuchtswahn und Schuldwahn.

Was unterscheidet die Illusion von der Halluzination?

Halluzinationen sind Wahrnehmungen ohne entsprechenden äußeren Sinnesreiz, bei der Illusion wird etwas tatsächlich Gegenständiges für etwas Anderes gehalten als es wirklich ist, d. h. es wird verkannt.

Wer begründete das Triadische System und wie ist es aufgebaut?

Das Triadische System wurde von Kurt Schneider begründet und ist in organische Psychosen, endogene Psychosen und psychogene Störungen gegliedert.

Den organischen Störungen liegt immer ein körperlicher Befund zugrunde, bei den endogenen Psychosen führt man die Ursache auf eine Stoffwechselstörung zurück und bei den psychogenen Störungen (nicht „psychogenen Psychosen“!) ist eben keine organische Ursache vorhanden.

Was ist das ICD-10? Ab wann ist das ICD-11 gültig?

Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD, englisch International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ist das wichtigste, weltweit anerkannte Diagnoseklassifikationssystem der Medizin. Es wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben.

Die neueste Klassifikation der Krankheiten, das ICD-11, ist bereits seit dem 01. Januar 2022 in Kraft getreten und wird nach einer Übergangszeit angewendet werden. Über den konkreten Zeitpunkt der Einführung des ICD-11 in die klinische Praxis gibt es noch keine verbindlichen Angaben.

Was ist eine Psychose im Allgemeinen? 

Eine Psychose ist eine psychische Störung mit grundlegendem Wandel des Erlebens und des Außenbezugs. Sie tritt entweder im Rahmen einer organisch nachweisbaren Störung als organische Psychose oder im Rahmen der Veränderung des Gehirnstoffwechsels als endogene Psychose auf.

Was ist eine Persönlichkeitsstörung? 

Von einer Persönlichkeitsstörung spricht man, wenn bestimmte Merkmale der Persönlichkeitsstruktur in besondere Weise ausgeprägt, unflexibel und wenig angepasst sind, so dass sich hieraus ernsthafte Lebenszustände und Konflikte ergeben.

Beispiele sind die depressive, sensitive, anakastische und die hysterische Persönlichkeitsstörung.

Was ist sonst zu beachten in der mündlichen Prüfungssituation zum HP (Psychotherapie)?

Langjährige Erfahrung und die Berichte unserer Teilnehmer mit ihren individuell unterschiedlichen Wahrnehmungen geben außerdem Antworten auf weitergehende Fragen.

Braucht es eine spezielle Prüfungsvorbereitung für den mündlichen Teil?

Man könnte davon ausgehen, dass man ausreichend Fachwissen hat, wenn man zur mündlichen Prüfung zugelassen wird. Schließlich hat man ja schon von 28 mindestens 21 Fragen richtig beantwortet.

Auf den mündlichen Teil der Überprüfung kann man sich insbesondere dadurch vorbereiten, indem man Prüfungssituationen durchspielt und die Supervision nutzt, um eigene Themen anzusehen. Das ist wichtig, damit man von Ihnen dann nicht in der realen Situation getriggert wird.

Ein Schwerpunkt der mündlichen Überprüfung liegt auf der Diagnostik und Therapie von Fallbeispielen. Des Weiteren werden noch Psychotherapieverfahren in Detailschritten erfragt.

Hier noch einige Fragen, die uns immer wieder bezogen auf die Prüfung für Heilpraktiker (Psychotherapie) gestellt werden:

Läuft die Prüfung bei jedem Gesundheitsamt gleich ab?

Häufig ist das Prüfungssetting bei den meisten Gesundheitsämtern identisch. Ein Amtsarzt und zwei Beisitzer sitzen Ihnen gegenüber, sowie meist eine protokollierende Person. Man stellt Ihnen Fachfragen und auch Fragen zur Gesetzeskunde. 

Sie bekommen vermutlich auch Beispielfälle präsentiert und manchmal wird auch eine Art Rollenspiel aufgeführt, in dem ein Prüfer in die Rolle eines Patienten schlüpft und entsprechende Symptome schildert und nach therapeutischem Vorgehen fragt. 

Welche Fragen dann wirklich gestellt werden hängt insbesondere von der Zusammensetzung des Gremiums und deren Fachgebieten ab. 

Nehmen die Prüfer Bezug auf die Fragen oder gar Fehler der schriftlichen Prüfung?

Unserer Erfahrung nach ist das eher nicht der Fall. Welche Frage sie schriftlich richtig beantwortet haben oder nicht, sollte hier nicht das Thema sein.
Bei der Anzahl der Prüflinge wäre das auch ein zu großes Unterfangen. Die Beantwortung schriftlicher Fragen sagt eher weniger darüber aus, ob Sie beruflich geeignet sind, als der reale Eindruck in einer mündlichen Prüfungssituation vor einem Gremium.

Muss man alle Fragen richtig beantworten?

Im Vergleich zum schriftlichen Teil ist es hier natürlich nicht möglich einen Lösungsschlüssel über ihre Aussagen zu legen. Vielmehr ist der Umgang mit den Grenzen des Wissens entscheidend. Ein offenes „Das weiß ich nicht“ ist oftmals besser als ein Suchen nach einer Lösung, die vielleicht die eigenen Kompetenzen überschreitet. Dass man seine Grenzen kennt, ist gerade ein Zeichen dafür, dass man keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt, wie es so schön heißt.

Wie gesagt, der allgemeine Gesamteindruck ist wie so oft ein wichtiger Teil einer Beurteilung und den kann man nur begrenzt lernen.

Die erforderlichen Wissensbereiche für das Bestehen der Prüfung sind vor allem die Gesetzeskunde, der Umgang mit suizidalen wie auch depressiven und schizophrenen Patienten, welche eine besondere ärztliche Abklärung notwendigerweise brauchen.

Darf man sich in der mündlichen Überprüfung Notizen machen?

Gerade in dieser Prüfungssituation, die für die meisten neu und einmalig ist, ist es fast unmöglich alle Hinweise und Details der Fragen der Prüfer zu behalten. 
Man sollte sich daher ruhig Notizen zu den Vorgaben der Prüfer und den Fallbeispielen machen. Das erleichtert es später eine fundierte Antwort zu finden.
Um hier sicher zu gehen, ist es sicherlich kein Fehler, dieses Vorgehen vorab beim Amtsarzt zu erfragen.

Was tun, wenn ich einmal festhänge? Wird mir geholfen? Gibt es ein Zeitlimit?

Es gibt keine bestimmte Vorgabe wie viele Minuten Zeit man für die einzelnen Fragen hat. Die richtigen Antworten kommen manchmal eben nicht wie aus der Pistole geschossen und das ist auch gut so. Auswendiglernen und schnelles Abrufenkönnen von Fachwissen heißt ja nicht unbedingt, dass man später ein ganz besonders guter Therapeut sein kann.

Der Amtsarzt oder die Beisitzer werden allerdings nicht oder nur bedingt helfen, sollten Sie einmal festhängen. 

Werden meine Antworten in der mündlichen Heilpraktikerprüfung festgehalten und kommentiert?

Üblicherweise werden die Aussagen des Prüflings schriftliche erfasst. Ein Protokollant erstellt zeitgleich mit ihren Aussagen ein Protokoll bzw. Ihre Aussagen werden auf Tonband oder digital mitgeschnitten. Somit hat man später eine Grundlage, falls es Rückfragen gibt.

Kommentiert werden Ihre Aussagen während der Prüfung üblicherweise nicht. Rückfragen zu Details der Frage oder des präsentierten Falles sind selbstverständlich erlaubt.

Das Ergebnis der Prüfung wird ihnen normalerweise nach einer Beratung der Prüfer im Nachgang mitgeteilt.

Darf ich die mündliche Prüfung wiederholen?

Selbstverständlich ist die Wiederholung der mündlichen Prüfung sogar ohne Begrenzung möglich. Allerdings immer im Zusammenhang mit einer unmittelbar zuvor bestandenen schriftlichen Prüfung. Man muss also ggfs. beide Prüfungsteile in der üblichen Reihenfolge wiederholen. Die schriftliche Heilpraktikerprüfung findet immer vor der mündlichen Überprüfung statt.

Während die schriftliche Heilpraktikerprüfung (Psychotherapie) immer am 3. Mittwoch im März bzw. am 2. Mittwoch im Oktober stattfindet, wurden die mündlichen Prüfungen der letzten Jahre ca. 2 bis 8 Wochen nach der schriftlichen Prüfung angesetzt.

Ist eine vorherige Ausbildung, wie die zum/r Psychologische/n Berater/in (UFRAP), Voraussetzung für die Prüfung?

Theoretisch kann man auch ohne eine vorherige Ausbildung die Prüfungen zum Heilpraktiker (Psychotherapie) antreten. Man darf aber davon ausgehen, dass dies nicht gerne und eher negativ gesehen wird.

Unsere  Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass fast alle Gesundheitsämter mittlerweile eine zweijährige, fundierte Ausbildung mit mindestens 250 Unterrichtsstunden im überwiegenden Präsenzunterricht in einem guten Ausbildungsinstitut / Heilpraktikerschule voraussetzen.

Gerade das Einüben realer Therapiesituationen (auf der Basis bereits erfolgter Eigentherapie bzw. Supervision) im Rahmen der Ausbildung zeigt, ob der Prüfling voraussichtlich erfolgreich und verantwortlich mit Patienten umgehen kann. Gerade auch dann, wenn es einmal schwierig wird.

Die UFRAP legt insbesondere darauf Wert, dass Prüflinge an realen Themen üben und zur Prüfung gehen, wenn sie ein fundiertes Fachwissen erworben haben. Man sollte an seinen eigenen Themen gearbeitet haben, bevor man den Titel des HP (Psychotherapie) erwirbt.
Denn wie immer gilt, man sollte in der Praxis nur über das reden, was man selbst erfahren oder angesehen hat.

In diesem Sinne, viel Erfolg!